Liebe Mitmenschen,
es ist Heiligabend 2021. Ich bin nicht zuhause, sondern bei meiner selbst gewählten Familie.
Dieser Blog wird anders. Kürzer und emotionaler (ja, das ist möglich) als gewohnt. Wahrscheinlich passe ich ihn später noch einmal an. Aber jetzt müssen erst einmal die Worte heraus. Muss ich meine Gefühle abladen.

Es ist nämlich wie folgt. Ich habe eine Wahl getroffen. Für mich selbst. Ich lasse mich nicht spritzen. Ich lasse mich nicht testen. Und ich nehme all die Konsequenzen, die diese Entscheidung für mich hat, gerne in Kauf. Ich kann damit vollkommen leben, dass ich seit zwei Monaten nicht mehr aus war. Oder in Geschäfte gehen darf.
Ich kann auch durchaus damit leben als “dumm” betitelt zu werden. Als “gefährlich”. Dass ich an Corona sterben werde. Versteht mich nicht falsch! Natürlich will ich nicht eines grausamen Todes sterben. Natürlich möchte ich nicht der Grund sein, dass Andere dies tun oder wegen mir leiden!
Daher bin ich eigentlich in einen “persönlichen Lockdown” gegangen. Meist sitze ich zuhause – meine Wohnung verlasse ich nur, wenn ich zur Arbeit gehe.
Nun denn – ihr könnt mir gerne alles wegnehmen. Ihr dürft mich mit Füssen treten. Ihr dürft mich schlagen. Ihr dürft mich diffamieren. Ich werde nichts sagen. Ich werde euch anschauen und fragen: “Und? Hat es geholfen? Geht es jetzt besser? Und könnt ihr sehen, wen ihr geschlagen habt? Und wisst ihr auch warum ihr das getan habt?”
Es ist und bleibt und wird für immer meine ganz persönliche, eigene Wahl sein, nicht zur “Norm” zu gehören. Mit jeglichen Folgen derer.

Jedoch – ich bin ein gläubiger Mensch. Ich glaube an Gott. Zudem glaube ich auch an das Gute im Menschen.
Was ich heute gehört habe hat meine Grundfesten zutiefst erschüttert. Meinen Glauben an die Menschheit enorm ins Wanken gebracht…
Seit kurzem gilt eine 3 oder 2 oder 1 oder ist ja auch egal, aber – will man in die Kirche gehen… dann braucht man mindestens eins dieser “G”s. Sonst ist der Eintritt verwehrt. Ohne G kein Gott. Ja, ihr lest richtig. Ohne G kein Gott!

Nun frage ich mich: ihr sitzt da so in der Kirche zu Heiligabend. Ihr hört die Geschichte über Josef und Maria. Sie konnten in keiner Herberge zurecht und fanden Zuflucht in einem Stall. Ihr hört die Geschichte über die Heiligen drei Könige. Geleitet durch einen Stern gingen sie auf die Suche nach dem Heiland. Und schliesslich hört ihr von Herodes der so unsicher, machtgierig und ängstlich war, dass er heimlich, still und leise den neugeborenen Heiland ermorden wollte.
All diese Geschichten hört ihr dort im Warmen auf einer Bank im Hause Gottes. Das Gewissen rein gewaschen, denn ihr seid endlich einmal wieder eurem Glauben gefolgt. Ihr fühlt euch besser, gute Menschen. Stark in Mitgefühl und Nächstenliebe – so wie Jesus es euch überbracht hat. War da nicht auch noch was mit Steinen?

Und draussen – in Kälte und Regen. In einer Nacht mit einem Himmel voller Sterne. In einer leeren, einsamen Strasse… dort draussen stehe ich. Ich darf keine Weihnachtslieder mit euch singen. Ich darf nicht an der christlichen Gemeinde dort drinnen teilnehmen. Wer bin ich? Was habe ich getan? Warum lasst ihr mich nicht ein? Warum verstosst ihr mich? Ist das Gottes Urteil?
Sonntag werde ich vor der Kirche stehen. Ich werde ein Lied für euch singen. Ich teile einen Keks in Form eines “G” mit euch. Ich halte ein Schild hoch mit den Worten
Gott gibt Glauben. Güte. Gnade.
…und Kekse…

In Liebe,
der Ziegenwollsockenmensch.